...mein Seil zu heiß wird?

Eine der Hauptfragen in der Seilwelt lautet: "Ist mein Seil noch für die Arbeit verwendbar?" Hersteller geben in ihrer Gebrauchsanweisung eine theoretische Lebensdauer an. Diese beruht hauptsächlich auf einer sehr seltenen Verwendung. Die tatsächliche Lebensdauer, insbesondere wenn das Seil stark beansprucht wird, hängt aber von vielen Faktoren ab, die nicht in der Kontrolle der Hersteller liegen. In dieser Reihe präsentiert TEUFELBERGER die Ergebnisse einer Studie zum Thema „Gezielte Schädigung von Seilen“. In diesem Artikel möchten wir einige häufig gestellte Fragen zum Thema „Hitzebeständigkeit von Seilen“ beantworten und die Ergebnisse der Tests mit Ihnen teilen.

Zwei verschiedene Szenarien können auftreten, wenn Seile Hitze ausgesetzt sind. Einerseits können Seile durch heiße Oberflächen in direkten Kontakt mit Wärme kommen. Dies kann beispielsweise eine Metalloberfläche sein, die von der Sonne oder einer anderen Wärmequelle erwärmt wird. Andererseits können Seile auch der Hitze der Umgebung ausgesetzt sein, wenn in heißer Umgebung gearbeitet wird. Ein extremes Beispiel ist eine Expedition in den Masaya-Vulkan in Nicaragua, die vor einigen Jahren mit unseren Seilen durchgeführt wurde.


Egal in welchem Szenario, die Hitzeeinwirkung bringt Seile sehr schnell an ihre Grenzen. Inder folgenden Tabelle sehen Sie eine Übersicht über die Wärmebeständigkeit verschiedener Materialien. In unserer Studie haben wir zwei Testreihen durchgeführt, um den Einfluss von Wärme auf Seile zu testen: Verschiedene Seile wurden einerseits Kontaktwärme und andererseits Umgebungswärme ausgesetzt.

1. Kontaktwärme

In allen Testreihen für Kontaktwärme wurde das Testseil mit einem Druck von 3 bar ab eine beheizte Metalloberfläche angelegt. Unten sehen Sie das Testlayout.

Abb. 1 (li.): Test layout “Kontaktwärme”

a. Polyamid Seil – Verschiedene Temperaturen und Dauer

Für den ersten Test wurde der EN1891A-zertifiziertes Patron 11m Seil unterschiedlich lange mit der auf 210°C erhitzten Metalloberfläche in Kontakt gebracht. Nach dem Kontakt mit der Wärmequelle Seil natürlich abgekühlt und dann auf seine Restbruchfestigkeit getestet. Sichtbare Schäden am Testseil waren bereits nach kurzer Zeit sichtbar.


Abb.2: Patron 11mm bei 210°C für 5 min
 

Abb.3: Patron 11mm bei 210°C für 20 min
 

 

Für weitere Tests wurde die Temperatur erhöht. Der visuell sichtbare Schaden nach jeweils einer Minute (Patron PLUS 11 mm) ist unten zu sehen. Wenn der Schmelzpunkt von Polyamid überschritten wird, schmilzt das Seil sehr schnell. Die Restbruchfestigkeit dieser Seilmuster wurde nicht getestet.


Abb.4: Patron Plus 11mm bei 230°C für 1 min
 

Abb.5: Patron Plus 11mm bei 250°C für 1 min
 

b. Verschiedene Seile - 210°C Temperatur

Für diesen Test wurden Seile aus verschiedenen Materialien 10 Minuten lang mit 210 ° C an die erhitzte Metalloberfläche angelegt. Nach der Hitzeeinwirkung wurden die Proben natürlich abgekühlt und dann auf ihre Restbruchfestigkeit getestet.

Folgende Seile wurden getestet:

  • Patron 11mm (Polyamid Kern / Polyamid Mantel)
  • Platinum Protect PES/PA 10,5mm (Polyamid Kern / Polyester Mantel)
  • Platinum Protect PA 10,5mm (Polyamid Kern / Polyamid Mantel)
  • Sirius 10mm (Polyester Kern / Polyester Mantel)
  • Ocean Polyester 8mm (Polyester Kern / Polyester-Aramid Mantel)


 

c. Vorteil von Aramid Seilen

Um die erhöhte Temperaturbeständigkeit von Aramid zu demonstrieren, wurden die nachstehend aufgeführten Seile bei einer Temperatur von 280°C getestet, die über dem Schmelzpunkt von Polyamid und Polyester liegt. Ziel war es, die Vorteile von Aramid zu bestätigen. Das Polyamidseil riss nach 30 Sekunden Hitzeeinwirkung, das Polyesterseil nach 3 min. Beide Seile mit Aramid im Kern und / oder im Mantel widerstanden der Hitze während der Testdauer von 3 Minuten. Der Verlust an Bruchfestigkeit lag immer noch unter 20%.


 

Zusätzlich zum Test bei 280°C wurden die Seilproben auch an eine erhitzte Metalloberfläche mit einer Temperatur von 300°C angelegt. Es wurde die Zeit bis zum Seilriss gemessen. Die Ergebnisse zeigen, dass es einen signifikanten Unterschied in der Wärmebeständigkeit zwischen Aramid- und Nicht-Aramid-Seilen gibt.

SeilZeit bis zum Seilriss
Patron 11 mm 1:05 min
Platinum® Protect PES/PA 10,5 mm 0:59 min
Platinum® Protect PA 10,5 mm 0:51 min
Aramid Escape Rope 7,5mm 15 min
Vulcanus 10,5mm 15 min


Abb. 6: Patron 11mm – Seilriss bei 300°C
 

2. Umgebungswärme

Für die Beständigkeitstests gegen Umgebungswärme wurden die folgenden Seilproben vor einen Scheinwerfer platziert. Der Abstand zur Wärmequelle betrug 15 cm, die Proben wurden 10 Minuten bestrahlt. Die durchschnittliche Temperatur auf der Seiloberfläche betrug ca. 80°C. Nur Polyamidseile zeigten leichte Verfärbungen, an allen anderen Seilen waren keine Veränderungen sichtbar.


Abb.7: Patron 11mm – 15 cm Abstand, 10 min
 

ACHTUNG: Ocean Vectran riss nicht an der betroffenen Stelle, sondern an Backen über die das Seil in der Testmaschine gewickelt war. Ein Riss im betroffenen Bereich wurde nicht erreicht. Dies impliziert, dass keine Verringerung der Bruchfestigkeit aufgrund von Umgebungswärme auftrat.

Zusammenfassung & Empfehlung

  • Im Allgemeinen sollte der Kontakt der Seile mit Hitzequellen vermieden werden.
  • Die Hitzebeständigkeit eines Seils hängt von Material und Konstruktion ab
  • Für Anwendungen, bei denen höhere Temperaturen auftreten können, wird dringend empfohlen, Seile aus temperaturbeständigen Materialien wie Aramid zu verwenden.
  • Wenn ein Seil offensichtlich durch Hitze beschädigt wurde (Verglasung der Oberfläche, braune Brandflecken usw.), muss das Seil ersetzt werden
  • Beschichtungen können Seilen zusätzliche Hitzebeständigkeit verleihen
  • Besteht nur der geringste Zweifel an der Sicherheit, muss das Seil ausgetauscht werden!